Ist die Sorge vor einem gesellschaftlichen Burnout begründet?

Quelle: https://pixabay.com/de/illustrations/burnout-kraftlos-skulptur-schlaf-2165865/ (lizenzfrei)
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Zweifelsohne steckt die Welt derzeit in mannigfaltigen Krisen. Dennoch scheint die Gesellschaft von heute aufgrund von nicht durchlebten Herausforderungen mittlerweile deutlich anfälliger für Überforderung. Dies lässt sich auch an den Zahlen der Psychosozialen Beratung des Bundesverbandes Burnout und Depression e.V. ablesen. Der hierfür zuständige Dennis Riehle führt die Entwicklung einer wachsenden Inanspruchnahme des Angebots auch auf ein beginnendes kollektives Ausgebranntsein zurück. Er sagt: „Wenngleich wir mit Corona, Krieg und Klimawandel eine Vielzahl von Umbrüchen erleben, so mangelt es doch vielen Menschen an mentaler Problembewältigungskompetenz. Dass wir in einer diversifizierten Zeit leben, in der die an uns gestellten Aufgaben komplexer werden und wir gleichzeitig mehrere Feuer löschen müssen, täuscht aus meiner Sicht nicht darüber hinweg, dass wir in den letzten Epochen an Resilienz verloren haben. Dies dürfte nicht zuletzt auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass wir lange Zeit in einer Phase von Wohlstand und Frieden verbracht haben, an die wir uns gewöhnen konnten. Es ist unbestritten, dass politische, soziale und ökonomische Zwänge derzeit das Individuum unterschiedlich stark belasten. Bei nüchterner Betrachtung ist dennoch weiterhin auf viel Beständigkeit Verlass -und die diffusen Ängste, welche sich breit zu machen scheinen, sind rational zumindest kaum begründbar. Denn wir können uns seit Milliarden Jahren auf die Fügung der Erde verlassen – auch wenn wir sie im Augenblick arg strapazieren“. Schlussendlich lasse sich die Furcht vor der Zukunft nach Aussagen von Riehle nur mit einer Rückkehr zur Vernunft entschärfen: „Letztendlich geschieht auch bei uns in im Coaching nichts Anderes. Ich konfrontiere unsere Klienten mit den – von außen betrachtet – übertriebenen Sorgen und versuche, durch kognitive Ansätze ihre nicht selten von einer nahezu unwirklichen und ungreifbaren Panik dominierten Glaubenssätze zu relativieren“.

Insgesamt bemerke man zunehmende Lebenskrisen durch Armut, berufliche Mehrfachbelastung, wegbrechende Freundschaften und Kontakte in der Realität, Rückzug in die digitale Welt, Häufung familiärer Konflikte bei Erziehungsproblemen sowie Home-Schooling und Home-Office, Betreuung und Pflege von Angehörigen, finanzielle Nöte aufgrund hoher Mieten und Lebenshaltungskosten infolge der Teuerung, Perspektivlosigkeit und Sinnleere, Trauer und Verlust, Trennung und Scheidung, Mobbing und Ausgrenzung, Trauma und Krankheit: „Allerdings muss man durchaus auch attestieren, dass nicht alle dieser Anforderungen neu sind. Tatsächlich scheint der Instrumentenkasten mit Werkzeugen zur Widerstandsfähigkeit dieser Tage weniger gefüllt als noch vor ein oder zwei Jahrzehnten. Zu wissen, was mir in schwierigen Situationen gut tut und worauf ich mich im Zweifel berufen und verlassen kann, diese Sicherheit ist im Augenblick offenbar rückläufig. Es mangelt auch an Ideen zur Lösung Problemen, weil auch die Erziehung in den vergangenen Dekaden vor allem darauf gesetzt hat, Kinder vor der Auseinandersetzung mit möglichen Konflikten zu verschonen. Dabei ist es das Durchleben von Tiefen und Tälern, was uns für schwierige Momente stärker werden lässt. In der Beratung probieren wir, solch eine Robustheit anzutrainieren und damit nachträglich eine Gelassenheit und Genügsamkeit zu üben, die sich von einer allgemeinen Aufgeregtheit und Verunsicherung in distanziert – und der wir mit Blick auf eine Ungeduld in der Öffentlichkeit im Blick auf das Morgen ein reales Abbild der Wirklichkeit entgegensetzen wollen. Wir dürfen uns durch eine gemeinschaftliche Deprimiertheit nicht derart beeindrucken und beirren lassen, dass wir am Ende den Bezug zum Hier und Jetzt verlieren. Insofern helfen auch mehr Achtsamkeit, Entspannung und Zuversicht. Denn wir können nicht nur auf unsere eigene Selbstwirksamkeit vertrauen und uns angesichts dessen, was unsere Zivilisation und wir als Einzelne bereits gemeistert haben, persönlicher und gemeinsamer Ressourcen bewusst werden. Dem Versuch der Manipulation unseres Optimismus sollten wir nicht erliegen“.

Kontakt zur Mailberatung und zum Autor: DR@BvBuD.de