Pressemitteilung vom 23.01.2024 | Bildquelle: Drehbuchautor – Kostenloses Foto auf Pixabay
Bundesverband Burnout und Depression e.V. gibt Tipps zur richtigen Verhaltensweise
In Deutschland wird ein rasanter Anstieg der Zahl an Patienten mit psychischen Erkrankungen beobachtet. Insbesondere in der Arbeitswelt gelten Beeinträchtigungen der seelischen Gesundheit noch immer als ein ein Ausdruck von Schwäche – und führen beim Bekanntwerden nicht selten zu Ausgrenzung und Stigmatisierung. Der Bundesverband Burnout und Depression e.V. rät Betroffenen, sich unabhängige Hilfe zu holen und bei ersten Anzeichen einer mentalen Dysbalance präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Wie der Psychosoziale Berater des Vereins, Dennis Riehle, aus den Kontaktanfragen vieler Hilfesuchender weiß, ist eine Diskriminierung im Job aufgrund solch einer Herausforderung noch immer keine Seltenheit: „Trotz umfangreicher Aufklärung und Maßnahmen zu Entstigmatisierung sind in der Gesellschaft im Gesamten, aber auch im Beruf im Speziellen, noch immer viele Vorurteile gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen fortbestehend. Bedauerlicherweise wird eine Depression weiterhin damit assoziiert, dass jemand schwach sei. Und das ist natürlich in der Arbeitswelt ein Bild, das zu erheblichem Misstrauen gegenüber dem Betroffenen führt. Auch die Meinung, jemand sei selbst für sein seelisches Leiden verantwortlich oder an ihm schuld, trägt zu einer massiven Kränkung und Ausgrenzung der Patienten bei. Bei einem Burnout wiederum glauben viele, dass jemand auch künftig dazu bereit sei, im Zweifel über eigene Grenzen hinauszuwachsen. Damit wird natürlich ein Erwartungsdruck aufgebaut, der ebenfalls nicht gesundheitsfördernd ist. Letztendlich: Ob Arbeitnehmer oder nicht – natürlich schieben wir das Eingeständnis einer psychischen Erkrankung noch immer viel zu lange vor uns her. Weil wir selbst von diesem Narrativ geleitet sind, solch ein Schicksal sei eigenem Versagen zuzuschreiben. Nicht selten hören Angehörige, die ihren Nächsten auf gewisse Persönlichkeitsveränderungen oder erste Frühwarnzeichen hinweisen, als Antwort: ‚Ich bin doch nicht psycho!‘. Das zeigt, wie schwer wir uns noch immer damit tun, eine solche Diagnose anzunehmen. Deshalb ist es meist der Leidensdruck, der uns am Ende doch zwangsläufig dazu überredet, professionelle oder niederschwellige Hilfestellung in Anspruch zu nehmen. Letztendlich sollten wir uns aber bewusst machen: Psychische Erkrankungen sind genauso zu werten wie organische. Sie haben oftmals sogar einen Mehrwert, weil sie uns eine Dysbalance zwischen Anspruch und Wirklichkeit vor Augen führen, die wir ansonsten nicht zu sehen bereit werden“, so der 38-jährige Coach mit eigener Krankheitserfahrung.
Falls es zu Mobbing oder Problemen am Arbeitsplatz kommt, gibt Riehle folgende Tipps: „Zunächst gilt: Niemand ist verpflichtet, dem Vorgesetzten Details einer bestehenden (psychischen) Erkrankung zu offenbaren. Auch ist nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz eine Frage des Chefs zu einer Schwerbehinderung im laufenden Beschäftigungsverhältnis zunächst unzulässig. Dies gilt auch gegenüber Personen, die einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. Allerdings hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ergeben, dass nach sechs Monaten seit Beginn der Anstellung eine diesbezügliche Frage insbesondere dann zulässig ist, wenn der Arbeitgeber aufgrund der Schwerbehinderung bestimmte Schutzvorschriften beachten muss, beispielsweise vor einer anstehenden Kündigung.
Eine Mitteilung über die bestehende Behinderung scheint immer dann sinnvoll und notwendig, wenn sich der Arbeitnehmer daraus bestimmte Nachteilsausgleiche erhofft (zum Beispiel Zusatzurlaub, behindertengerechter Arbeitsplatz, Förderung der Integration, Ausgleichsabgabe und Beschäftigungspflicht, Zustimmung zum Ende des Arbeitsvertragsverhältnisses, Prävention oder Benachteiligungsverbot). Der Chef kann in diesen Fällen als Nachweis den Schwerbehindertenausweis zur Ansicht verlangen, es sei denn, die Schwerbehinderung ist offensichtlich. Es empfiehlt sich jedoch in den allermeisten Fällen, offen mit dem Vorgesetzten zu sprechen. Dies gilt vor allem dann, wenn die psychische Erkrankung auf die Qualität, Zuverlässigkeit oder Entscheidungs- und Reaktionsfähigkeit gerade in denjenigen Berufen, in denen man möglicherweise große Verantwortung trägt, mit Menschen arbeitet oder Entschlüsse von großer Tragweite trifft, Einfluss hat. Dies wäre unter anderem auch der Fall, wenn man beispielsweise durch eine psychopharmakologische Medikation im Bewusstsein oder Wahrnehmung eingetrübt sein könnte – oder auch, wenn dies im Rahmen der Symptomatik möglich ist. Schlussendlich währt Ehrlichkeit am längsten. Es gibt einige wenige Fälle, in denen Zurückhaltung geboten ist. Dies gilt beispielsweise im Vorfeld einer Übernahme in ein Beamtenverhältnis oder bei seelischen Beeinträchtigungen, die für die korrekte Ausführung des Berufs keine Relevanz. Hier sollte man sich entsprechend beraten lassen. Hilfe gibt es beispielsweise beim Betriebsrat, bei Vertrauenspersonen, Behinderten- und Integrationsbeauftragten des Betriebes, der Kommune, der Länder oder des Bundes, bei psychologischen und sozialen Beratungsstellen der Wohlfahrtsorganisationen, von Patientenverbänden und in Selbsthilfegruppen – beispielsweise des BBuD e.V., bei Rechtsanwälten, bei Betriebsärzten und Arbeitspsychologen, bei Fachgesellschaften für Prävention und Gesundheitsförderung, bei Gewerkschaften, bei Mediatoren und Coaches, beim Hausarzt, Facharzt oder Psychotherapeuten“, erklärt der Berater abschließend.
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