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Voraussetzungen für Erwerbsminderungsrente sind bei psychischen Erkrankung sehr hoch

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„Für etwaige Ansprüche ist nicht die Diagnose, sondern die Funktionsfähigkeit entscheidend!“

Wer aufgrund einer psychischen Erkrankung begehrt, eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten, muss dafür hohe Hürden nehmen. Hierauf macht der BBuD-Sozialberater Dennis Riehle aufmerksam: „Durch chronische Krankheit und Behinderung kann der Fall eintreten, dass der eigene Beruf nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausgeübt werden kann. Doch für den Bezug einer Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Sofern sie gegeben sind, kann ein Antrag gemäß des Vordrucks der Deutschen Rentenversicherung (DRV) ausgefüllt und mithilfe von ärztlichen Attesten eingesandt werden. Anschließend wird regelhaft eine Vorstellung bei einem Gutachter nötig sein, der die gesundheitsbezogenen Voraussetzungen prüft. Abhängig von seinem Resultat und der Einschätzung, in Ergänzung mit durch die Rentenkasse vorgenommenen Prüfungen zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, wird schlussendlich ein Bescheid erstellt, gegen den Widerspruch und bei dessen Rückweisung die gängigen Rechtsmittel des deutschen Sozialrechts eingelegt werden können. Entsprechend empfiehlt sich in den allermeisten Fällen auch in der ersten Instanz zumindest die Beratung durch einen Sozialverband oder spezialisierten Fachanwalt“, sagt Dennis Riehle. Der Psychologische Berater aus Konstanz ist selbst von seelischen Leiden betroffen.

„Eine teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn der Betroffene aufgrund von chronischer Behinderung oder Krankheit auf absehbare Zeit nicht mehr als sechs Stunden, mindestens aber drei Stunden täglich einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachzugehen. Hierbei sind alle denkbaren Berufsfelder zu berücksichtigen, die mit seiner Qualifikation oder einer entsprechenden Fortbildung in Betracht kommen. Er kann also allein aus Gesundheitsgründen nur noch diesem eingeschränkten Ausmaß an täglicher Stundenzahl für eine entsprechende Beschäftigung zur Verfügung stehen. Zwar wird zunächst versucht, Weiterbeschäftigung im ursprünglichen Berufsbild zu ermöglichen, beispielsweise durch präventive und Rehabilitationsmaßnahmen. Generell ist aber auch das Verweisungsrecht anwendbar, wonach eine von Erwerbsminderung bedrohte Person einen anderslautenden Job ausführen kann, solange er den gerichtlichen Zumutbarkeitsregeln entspricht und dort eine Beschäftigung mit dem aktuellen Gesundheitszustand fortführbar ist.  Eine volle Erwerbsminderung ist gegeben, wenn er aus selbigen Gründen weniger als drei Stunden täglich dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich sein kann. Bei psychischen Erkrankungen muss insofern nachgewiesen sein, dass durch die Beeinträchtigungen des Gemüts, der Stimmung, der Emotionalität, der kognitiven und körperlichen Leistung, von Aufmerksamkeit, Konzentration, geistiger Flexibilität, Antrieb oder seelischer Resilienz gegeben sind, die jedwede Erwerbsfähigkeit mindern und damit nicht nur im erlernten und zuletzt ausgeübten Beruf keine sechs beziehungsweise drei Stunden tägliche Arbeit vollbracht werden kann.

Dennis Riehle erklärt hierzu weiter: „Liegen diese Bedingungen vor, müssen zudem versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Der Betroffene muss in den vergangenen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung in der Deutschen Rentenversicherung versichert gewesen sein. In mindestens drei der fünf Jahre muss eine Pflichtversicherung bestanden haben. Können auch diese Annahmen bejaht werden, wird Erwerbsminderungsrente in Abhängigkeit der Höhe der gezahlten Rentenbeiträge, der bestandenen Versicherungszeit und dem Rentenartfaktor frühestens ab dem 7. Monat seit Eintritt der Erwerbsminderung für zunächst drei Jahre gezahlt. Anschließend muss bei fortdauernder Erwerbsminderung ein Verlängerungsantrag gestellt werden. Unbefristet erwerbsunfähig ist der Betroffene regelhaft ab dem 9. Jahr der Erwerbsminderung. Auskunft für die Rentenhöhe gibt die Renteninformation, die allfällige Abschläge berücksichtigt: Sofern die Erwerbsminderung vor dem 63. bis 65. Lebensjahr (die Altersgrenze wird derzeit schrittweise angehoben) eintritt, wird zunächst für jeden Monat eine Minderung um 0,3 % vorgenommen. Tritt die Erwerbsminderung früher als 36 Monate vor dem genannten Lebensjahr ein, wird ein pauschaler Abschlag von 10,8 % angesetzt. Ausnahmen hiervon gelten für schwerbehinderte Menschen. Sind sie in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) untergebracht, gelten sie automatisch als voll erwerbsgemindert, wenn sie dem Arbeitsmarkt aufgrund der Behinderung nicht zur Verfügung stehen“, führt der Sozialberater aus.

Um den Nachweis der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu erbringen, sind neben psychotherapeutisch-psychiatrischer Befunde und einer Attestierung der vorliegenden Funktionsstörungen auch kognitive Leistungstests und körperliche Belastbarkeitserprobungen ein wichtiges Hilfsmittel in der Argumentation gegenüber dem Kostenträger. So sagt Dennis Riehle: „Es genügt gerade nicht, eine Diagnose vorweisen zu können. Vielmehr muss konkret dargelegt werden, welche Behinderungen im Einzelfall vorliegen, die die prinzipielle und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwertbare Leistungsfähigkeit beeinflussen“, so der Coach. „ Sind Personen voll erwerbsgemindert und wurde dies durch gutachterliche Beurteilung einwandfrei bestätigt, erfüllen aber nicht versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, so haben sie Anspruch auf die sogenannte Grundsicherung bei Erwerbsminderung und im Alter, einer bestimmten Form der Sozialhilfe. Entsprechend regeln §§ 41ff. SGB XII, dass das Sozialamt bei Antrag auch hier eine medizinische Begutachtung durch die DRV einholt. Sofern diese die Erwerbsminderung bestätigt, werden Leistungen zur Garantie des sozioökonomischen Existenzminimums gezahlt. Allerdings muss hierfür Bedürftigkeit bestehen und es dürfen damit kein anrechenbares Einkommen und Vermögen vorliegen. Grundsicherungsleistungen bestehen aus einem Regelbedarf für den alltäglichen Konsum, Mehrbedarfe für Wohnung und Heizung sowie Sonderbedarfe bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit“, erklärt der 37-jährige Journalist, der auch im Sozialrecht zertifiziert ist.

„Gemäß § 8 Abs. 1 SGB II ist das ‚Jobcenter‘ für die Betreuung von Personen zuständig, die wegen einer teilweisen Erwerbsminderung zumindest in der Lage sind, zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeiten zu können, aber hierfür keine Anstellung finden. Dann kann, ergänzend zur teilweisen Erwerbsminderungsrente, Grundsicherung für Arbeitsuchende gewährt werden. „Hartz IV“ wird auch als ‚Aufstockerleistung‘ gewährt, wenn trotz teilweiser Erwerbsminderungsrente und Nebenjob keine ausreichende Absicherung des Lebensunterhalts erzielt werden kann. Es gelten auch hierbei die entsprechenden Regelungen bezüglich einer Hilfebedürftigkeit und Anrechenbarkeit von Vermögen. Wer nicht gesetzlich rentenversichert ist oder neben der dortigen Versicherung eine ergänzende Berufsunfähigkeitsrente rechtzeitig vor Eintritt von Krankheit und Behinderung abgeschlossen hat, kann daraus Leistungen erzielen, wenn die Arbeit in dem versicherten Beruf nicht mehr oder nur noch teilweise möglich ist. Insofern gilt hier nicht die Regelung, wonach der Betroffene auch in ein anderes Berufsfeld vermittelt werden kann. Orientierend ist allein der zuletzt ausgeübte Arbeitsbereich. Entsprechend wird auch in diesem Fall eine gutachterliche Stellungnahme zur verbleibenden Erwerbsfähigkeit eingeholt. Anders, als in der gesetzlichen Rentenversicherung, unterscheiden die privaten Versicherungsunternehmen zwischen teilweiser und voller Berufsunfähigkeit mit anderen Maßstäben der verbliebenen Arbeitszeit: In vielen Verträgen gilt man dort als teilweise berufsunfähig, sofern weniger als 50 % der zuletzt erbrachten Arbeitsleistung verblieben sind. Dagegen ist man vollständig berufsunfähig, wenn die Arbeitskraft auf 0 % gesunken ist. Entgegen der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente springt die private Berufsunfähigkeitsversicherung bei jeder Form der eingetretenen Unfähigkeit ein, völlig unabhängig des Ursprungs des Gesundheitsleidens“, so Riehle abschließend.

Ehrenamtliche Sozialberatung auf www.bbud.info.