Anzeichen einer psychischen Erkrankung sollten frühzeitig ernstgenommen werden!

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BBuD-Berater: „Möglichst schnell aktiv werden und Beschwerden abklären lassen!“

Wie sollten Menschen mit einer schweren chronischen Erkrankung oder einer Behinderung ihr Schicksal annehmen? Sowohl körperliche, aber auch psychische Leiden haben einen Sinn. Dieser Überzeugung ist BBuD-Berater Dennis Riehle (Konstanz), der dazu ausführt: „Ist das schon Depression – oder kann das weg? Viele Menschen neigen nicht nur in den dunklen Monaten zu Stimmungsschwankungen, diffusen Ängsten, Abgeschlagenheit, gedämpfter Wahrnehmung oder Zukunftssorgen. Doch so offensichtlich, wie sich ein Beinbruch im Röntgenbild abzeichnen lässt, ist die Diagnostik einer psychischen Erkrankung dagegen schwierig. Aus Furcht vor möglicher Stigmatisierung am Arbeitsplatz, in der Familie und bei Freunden wagen viele Betroffene den Gang zum Facharzt oder Psychotherapeuten überhaupt nicht, sondern leiden still vor sich hin. Dass durch diese Zurückhaltung langfristig eine chronische und manifeste Störung werden kann, die dann nur noch schwierig zu behandeln ist, mag den vielen Betroffenen überhaupt nicht klar sein. ‚Das wird schon wieder vergehen, wenn die Sonne hervorkommt!‘ – solch typische Antworten sollen Angehörige beschwichtigen und uns selbst beruhigen. Doch in den allermeisten Fällen handelt es sich eben nicht um eine temporär auftretende, saisonale Erscheinung, sondern vielmehr um deine durchaus gewichtige Erkrankung der Seele, der man viel besser dann begegnen kann, wenn man sich ihr früh stellt und eine Behandlung zeitig beginnt. Aber was können wir tun, wenn wir bei uns selbst oder bei Mitmenschen den Eindruck haben, dass die emotionale Schwingungsfähigkeit herabgesetzt ist, wir nicht mehr adäquat auf Freude oder Trauer reagieren, Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit im Vordergrund stehen, Angstattacken und panische Reaktionen mit körperlichen Begleiterscheinungen wie Schwitzen, Herzrasen oder Luftnot auftreten und letztendlich eine Wesensveränderung einhergeht, die sich für Außenstehende beispielsweise an sozialer Isolation, Aggression und Rückweisung zeigt? Ist denn jede Verstimmung therapiebedürftig, wann sollte ich zum Arzt gehen – und welche Anlaufstelle gibt es für den Zweifel, dass ich tatsächlich eine psychische Störung vermute?“, meint der 38-Jährige, der selbst an zahlreichen somatischen wie seelischen Erkrankungen leidet und meint, dass in jeder Erkrankung auch eine Chance stecken kann, die es im Einzelfall herauszuarbeiten und als Ermutigung und Strategie der Resilienz anzunehmen gilt.

„Zunächst einmal sollten wir uns klar machen: Auch wenn Herzinfarkte oder Schlaganfälle deutlich häufiger in den Medien auftauchen, kann deren Einordnung als ‚Volkskrankheit‘ nicht darüber hinwegtäuschen, dass mittlerweile auch jeder Vierte Deutsche im Laufe seines Lebens an einer mehr oder weniger schweren seelischen Störung erkrankt. Wie gesagt: Sie wird nicht so offenbar wie man eine körperliche Erkrankung zeigt, versteckt sich lange Zeit und kann vom Betroffenen sehr oft nicht richtig gedeutet und in ihrer Schwere kaum eingeschätzt werden. Blickt man allerdings auf die Verbreitung der psychischen Störungen in unseren Breitengraden, können wir keinesfalls davon sprechen, dass diese Erkrankungen Nischen bilden. Viel eher sind sie in den Medien und der öffentlichen Diskussion weiterhin unterrepräsentiert, weil sie schambehaftet bleiben. Während viele physische Leiden darauf hindeuten, dass ein Mensch hart gearbeitet hat und deshalb erkrankt, wirft man vielen psychisch beeinträchtigten Menschen vor, sie sollten sich doch einfach nicht so anstellen. Dabei sind die Korrelationen mittlerweile völlig aufgeweicht: Depressiv wird auch der reich verdienende Manager, an BurnOut erkrankt der Chef eines großen Unternehmens, gleichsam kann der aufstrebende Wirtschaftsstudent an Psychose leiden – und nicht zuletzt wird der hochrangige Angestellte am Arbeitsplatz derart gemobbt, dass er aus Angst und Traumatisierung seinen Posten räumt. Während wir für viele körperliche Erkrankungen klare Indikatoren haben, die sie unmittelbar beweisen und damit eine Diagnose stichfest machen, ist das bei vielen psychischen Erkrankungen anders. Der Psychiater und Psychotherapeut ist wesentlich auf die subjektiven Schilderungen des Betroffenen angewiesen – und muss aus diesen Angaben versuchen, eine objektive Einklassifizierung der Symptome vorzunehmen, damit eine adäquate Therapie eingeleitet werden kann. Wann aber erkenne ich als Betroffener oder Angehöriger, dass Hilfe notwendig wird? Wesentliches Merkmal ist der Leidensdruck, der sich anhand unterschiedlicher Faktoren einordnen lässt: Die persönliche Wahrnehmung ist ein entscheidender Richtwert für die Frage, ob ein vorliegendes Problem bereits pathologischen Charakter eingenommen hat. Wie lange dauert die Symptomatik bereits an? Wie stark hat sie sich auf den Lebensalltag ausgeprägt? Werde ich in der Ausführung meines täglichen Daseins durch die seelischen Behinderungen beeinträchtigt? Kann ich an kaum etwas Anderes mehr denken als an die negativen Gefühle? Oder bin ich durch meine Ängste, Sorgen und die gedrückte Stimmung derart eingenommen, dass mir soziale Kontakte und die Bindungen zu Familie und Freunden zunehmend verloren gehen? – Wer solche Fragen ehrlich beantwortet und feststellt, dass die psychischen Einschränkungen bereits so weit fortgeschritten sind, dass die Lebensqualität leidet und wir unseren Fokus und unsere Beschäftigung zeit-, ressourcen- und kräftemäßig mehrheitlich auf die Seelenqual verwenden müssen, muss die Notwendigkeit einer fachkundigen Abklärung der vorliegenden Probleme dringend anerkennen“, erläutert der Psychologische und Familienberater Dennis Riehle.

„Die Scheu vor dem Gang zum Facharzt ist in der Regel groß, weil wir uns psychische Verwundung ungern eingestehen wollen. Für viele Menschen bleibt sie weiterhin Ausdruck von Versagen und Verlust. Es braucht daher oftmals lange, bis die Pein uns derart übermannt, dass eigentlich kein anderer Ausweg mehr besteht, als sich professionelle Hilfe zu suchen. Auch Angehörige haben nur wenig Spielraum: Sie können den Betroffenen zwar immer wieder ermutigen, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Doch letztlich sind auch ihnen die Hände gebunden: Solange keine Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt, bleiben ihnen lediglich Appelle. Das Mitansehen von seelischer Bürde ist für sie oftmals noch deutlich belastender als für den Erkrankten selbst. Und doch gilt in unserem Land das Gebot der Eigenverantwortung. Nur in den seltensten Fällen können wir gezwungen werden, psychiatrische Intervention in Anspruch nehmen zu müssen. Der freie Wille und die persönliche Entscheidung haben einen hohen Stellenwert – und können nicht einfach übergangen werden. Zumeist erwächst aus einem fortdauernden Leiden eine große Anspannung, die letztlich zu einer Einsicht führt und die Sinnhaftigkeit des medizinisch-therapeutischen Einschreitens deutlich macht. Zumeist hilft es dann, sich zunächst einer Vertrauensperson zuzuwenden und vorerst den Gang zum Hausarzt zu wählen. Er kann im Rahmen der Psychosomatischen Grundversorgung eine erste Einschätzung abgeben, inwieweit das vorliegende Problem ernsthaft ist und weiter abgeklärt werden sollte. Im Zweifel kann die Vorstellung in einer Psychotherapeutischen Sprechstunde endgültigen Aufschluss über das mögliche Vorliegen einer Krankheit bringen und die Tür für weitere beratende, therapeutische, diagnostische und medikamentöse Ansätze öffnen. Eine Vermittlung an die zuständigen Stellen kann im Zuge eines geordneten Konzepts den Betroffenen entsprechend lotsen. Wesentliche Bedingung, um in Therapie und Behandlung voranzukommen, ist die Annahme und das Eingestehen, an einem psychischen Leiden erkrankt zu sein. Hierbei hilft sicher die Erkenntnis, dass seelische Störungen eben keinesfalls ein Ausdruck von Misserfolg oder Unfähigkeit sind, das eigene Leben zu meistern. Viel eher sollte uns bewusst sein, dass zahlreiche hormonelle und Stoffwechselvorgänge beteiligt sind – also oftmals auch eine physiologische Ursache zum Entstehen der psychischen Erkrankung beitragen kann. Sie ist frei von der Einflussmöglichkeit durch uns selbst, weshalb sie jeden von uns treffen kann. Ohnehin: Die meisten Beweggründe zum Entfachen eines Seelenleidens, von denen man heute weiß, sind nicht durch unser Denken oder Verhalten zu tangieren. Viel eher spielen genetische, neuroendokrine, psychodynamische und biografische Aspekte einen wesentlichen Stellenwert in der Entstehung von psychischen Erkrankungen. Es gibt also keinerlei Grund dazu, sich für die Krankheit Vorwürfe zu machen oder sich die Schuld dafür zu geben. Betroffene sind keine Versager, sondern werden von ihrem Innersten lediglich dazu aufgefordert, etwas am Lebensstil zu ändern, aus dem Gleichgewicht geratene Metabolismen des Körpers auszugleichen, Traumata oder Mobbing aufzudröseln, familiäre Beziehungen zu überprüfen und zu kitten, Gefühle neu zu ordnen oder Vergangenes zu verarbeiten. Daneben gibt es Anregungen zum eigenen Üben, wie man sich gegen psychische Erkrankung besser wappnet und eine seelische Widerstandskraft aufbaut – und mithilfe derer man die psychotherapeutische, psychopharmakologische Behandlung gleichermaßen unterfüttern kann“, so Riehle abschließend, der darauf verweist, dass Selbsthilfeangebote hierbei eine gute Anlaufstelle sind.

Die Psychosoziale Mailberatung des BBuD mit Ansprechpartner Dennis Riehle ist unter E-Mail: DR@bbud.info erreichbar.